Allgemeine Informationen der Gleichstellungsbeauftragten
Folgen von Hartz IV für Existenzsicherung von Frauen
Armutsrisiko für Frauen durch Minijobs und Teilzeit rasant gestiegen
75 Gleichstellungsbeauftragte der Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros (lag) befassten sich auf ihrer Landeskonferenz in Hannover mit Existenzsicherung von Frauen - einer der Themenschwerpunkte der lag für 2017.
Die Referentin Prof. Dr. Sigrid Betzelt von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin hatte den Fokus auf die Folgen der Hartz-Gesetze als Teil der Agenda 2010 für Frauen gesetzt.
Betzelt holte in Erinnerung, dass die Ziele der Agenda 2010 einerseits der Abbau der hohen Arbeitslosigkeit und andererseits die schnellere Arbeitsmarktintegration durch Aktivierung waren. Leider gab es damals keine Zielformulierung, die der Gleichstellung der Geschlechter auf die Sprünge geholfen hätte. Die Kritik am alten System war das individuelle Motivationsdefizit von Arbeitslosen, zu hohe Ausgaben im Leistungsbereich der Bundesagentur, Ineffizienz der öffentlichen Arbeitsverwaltung und ein viel zu unflexibler und starrer Arbeitsmarkt.
Seitdem hat sich viel getan. Auf der einen Seite sind die a-typischen Jobs mit schlechter sozialer Absicherung, niedriger Bezahlung und geringer Aufstiegsmöglichkeit stark gestiegen. Deutschland ist zum größten Niedriglohnsektor in der EU herangewachsen.
Auf der anderen Seite sind in den sozialversicherungspflichtigen Bereichen insbesondere Frauen viel mehr in Teilzeitbeschäftigungen abgetaucht, aus denen sie oft nicht wieder herauskommen. Von 2004 bis 2014 ist die Zahl der Teilzeitbeschäftigung von Frauen beinahe um das Doppelte gestiegen. 64 % der Frauen arbeiten ausschließlich in Minijobs, 56 % tun dies nebenberuflich. Die vermeintlich stark gestiegene Erwerbsbeteiligung von Frauen wird durch den enormen Teilzeit-Trend absorbiert. 40 % der Alleinerziehenden stocken auf, obwohl sie berufstätig sind.
Trotz der gestiegenen Flexibilisierung der Beschäftigungsverhältnisse gibt es eine abnehmende Arbeitsmarktdynamik. Die relative Statussicherheit der früheren Arbeitslosen wurde aufgehoben zugunsten einer bedarfsgeprüften Fürsorgeleistung mit Sanktionsmaßnahmen. Dies trifft insbesondere Personen mit Erwerbsunterbrechungen, das heißt, auch Frauen fallen oft aus der Arbeitslosenversicherung. Sie verlieren doppelt so häufig Ansprüche wie Männer.
Eine der Ursachen dafür ist die Bedarfsgemeinschaft, die auf das Konstrukt des männlichen Alleinernährermodells zurückgeht, aber der gelebten Realität der vielen alleinerziehenden erwerbstätigen Frauen nicht entspricht. Fatal wirkt hier die komplette Einkommensanrechnung des Partners. Frauen fallen damit aus den Fördersystemen heraus und verlieren ihren persönlichen Anspruch auf Leistungen, wenn sie sich die Wohnung mit einem verdienenden Partner - auch ohne Trauschein - teilen.
Heute liegt die Arbeitslosenquote bei 6,4 % im Gegensatz zu 10 % im Jahr 2002.
Ein großer Fortschritt, oberflächlich betrachtet. Aber Fachleute sind sich einig: die gute Arbeitsmarktlage ist im Wesentlichen auf den ökonomischen Boom in der Exportwirtschaft in Deutschland zurückzuführen. Kritisch sehen viele, dass die Statistik der Agentur geschönt sei: In Maßnahmen befindliche Arbeitsuchende fallen aus der Statistik heraus.
Aus Sicht der Referentin bedarf es einer politischen Umsteuerung: Weg von der reinen "Aktivierung" der Arbeitslosen hin zu mehr sozialer Sicherung. "Ziel sollte außerdem sein", so Vorstandsmitglied Karin Jahns, lag-Vorstandsfrau, "Frauen und Männer zu gleichen Teilen zu fördern, also weg von der Bedarfsgemeinschaft zu kommen, die die klassische Rollenverteilung von Frau und Mann bedient".
Die lag fordert seit langem die Abschaffung der Minijobs und eine Förderung existenzsichernden Einkommen für Männer und Frauen.
Gender Care Gap
28. August: Gender Care Gap Tag
familienportal
Das neue zentrale Familienportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) ist gestartet: Ob Elterngeld, Kinderzuschlag oder Unterhaltsvorschuss – unter der Webadresse www.familienportal.de finden Familien erstmals unter einem digitalen Dach alle wichtigen Informationen und Beratungsangebote rund um das Thema Familie.
Das neue Familienportal informiert nicht nur zielgenau über sämtliche staatliche Familienleistungen, sondern liefert auch wichtige Hinweise zu weiteren Leistungen wie Ausbildungsförderung, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe.
Das Portal orientiert sich an den unterschiedlichen Lebenslagen von Familien und ist so aufgebaut, dass Nutzerinnen und Nutzer die gewünschte Information mit nur wenigen Klicks finden. Gleiches gilt für die Suche nach Angeboten vor Ort: Durch Eingabe ihrer Postleitzahl finden Familien die Ämter und Beratungsstellen in ihrer Nähe, bei denen sie Leistungen beantragen können oder weitere Unterstützungsangebote bekommen.