Avendshausen
...Avendshausen im Wandel der Zeit...
Unmittelbar an der nördlichen Kreisgrenze und abseits von den wichtigen Verkehrswegen im Ilmebecken liegt die Ortschaft Avendshausen. Sie ist lediglich auf einer Straße zu erreichen, die von Vardeilsen nach Rengershausen führt. Und diese abseitige Lage hat auch die Entwicklung des Dorfes bestimmt. Das Dorf ist in fruchtbarer Ackerlandschaft entstanden und herangewachsen, wenn auch die naturräumlichen Gegebenheiten für die Ortsflur nur einen geringen Raum gelassen haben. Die 260 ha große Gemarkung breitet sich zwischen fünf Anhöhen aus, die das Dorfgebiet allseitig umrahmen.
Während in den umliegenden Dörfern Zeugnisse der Mittel- und Jungsteinzeit gefunden wurden, wartet man in Avendshausen noch auf Solche, die die Anwesenheit von Menschen jener Zeit bestätigen. Das Dorf ist in der 2. Siedlungsperiode, nach der Völkerwanderung, zwischen 500 u. 800 n. Chr. entstanden. Der Ortsname bezieht sich auf einen sächsischen Namen und bedeutet soviel wie, "die Häuser des Aven" oder "bei den Häusern des Aven".
Erst mit dem Beginn der Christianisierung durch Bonifatius fällt etwas geschichtliches Licht in unsere Gegend. Nach mehreren Feldzügen gelang es Karl dem Großen das Sachsenland zu erobern und es dem fränkischen Reich einzugliedern. Er teilte das Land in Bistümer und Gaue und gründete Klöster. Von den umliegenden Nachbardörfern ist uns bekannt, dass die damaligen Grafen- und Herzogengeschlechter der Billunger, Immedinger und Northeimer hier bei uns im Sülberggau begütert waren und sehr viele Besitzungen hatten. Aus politischen und religiösen Gründen übertrugen damals diese Herrengeschlechter Teile ihrer Besitzungen an die Klöster.
So etwa müsste es auch mit Avendshausen geschehen sein, denn im 10. Jahrhundert, so berichtet die Kirchengeschichte, gaben die edlen Herren von Homburg das Dorf Avendshausen mit all seinen Rechten und Einkünften an das Kloster Brunshausen bei Gandersheim ab. Diese edlen Herren von Homburg hatten ihren Sitz auf einer Burg nördlich bei Stadtoldendorf. Die Orte Lüthorst und Portenhagen gehörten bis in das 14. Jahrh. zu diesem Hause. Besitz hatten sie auch in Vardeilsen und Kohnsen.
Die erste schriftliche Erwähnung Avendshausens geschieht im Jahre 1286 und stammt aus dem Register der Passivlehen des Ritters Dietrich von Wallmoden. Auszugsweise heißt es in der Urkunde "Anno domini MCCLXXXVI dominus Thidericus de Walmede hec bona subsequentia tenet in pheodo de dominis suis: [....] villam, que vocatur Avenhusen".
Eine weitere schriftliche Nennung geschieht, als im Jahre 1315 Herzog Heinrich von Braunschweig, später der Wunderliche genannt, gab das "Dorp Avenshusen", das sein Vater Albrecht 1272 "an sich gerissen" (verlehnt) hatte, wieder mit allen Rechten und der "Vogedie" an das Kloster Brunshausen zurück. Nun übte das Kloster wieder das Partonatsrecht aus, wie schon über 200 Jahre vorher, bis in die Reformationszeit hinein. In den Urkundenbüchern der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg wird im
Jahre 1339 von "Avenshusen" geschrieben, welches eine sehr alte, dem hl. Petrus geweihte Kirche hat.
Ein sehr altes Zeugnis dieser Zeit ist das Taufbecken in der Kirche, welches aus der Zeit der Untertauchtaufe, die im 13. Jahrh. noch üblich war, stammt. Ebenso ein Abendmahlskelch aus der Mitte des 14. Jht. Der erste bekannte Pfarrer aus vorreformatorischer Zeit ist ein Heinrich Overwater, der 1386 als Zeuge in einer Urkunde genannt wird. Im Jahre 1552 wird von Herzog Ernst von Grubenhagen in "Avenszhusen" der erste lutherische Pastor Johann Oppermann eingesetzt.
Der Chronist Letzner berichtet mehrfach über Avendshausen: "Anno 1539, den 18. Febr. zog der Herzog Phillipus der Ältere mit seinen fünff jungen Herrn und Hofjunkern auf eine Wolfsjagd, die dan um Avendshausen und Rengershausen bestellt war, in welcher zweene Wölffe, einer am Hulseberge, der andere am Steinbeutel, von einem von Adel gefangen, welcher darüber vom Gaul gefallen und ist der Gaul darvon gelauffen." Weiter berichtet er, dass 1587 daselbst der Kirchturm einfiel, aber niemand zu Schaden kam und im Jahre 1590 ein Feuer aufkam wobei etliche Häuser, Scheunen, Stallungen und andere Gebäude "zu Kollen und Aschen" wurden.
Als Grundherren erschienen neben den Herzögen von Braunschweig, das Kloster Brunshausen, welches nach einer Besitzbeschreibung von 1572 im Ort 12 Hufen (360 Morgen Ackerland) mit 11 Meiern besaß. Die Herren von Oldershausen und viele Einbecker Patrizierfamilien waren bis zur Ablösung und Bauernbefreiung in der Mitte des 19. Jahrh. Lehnsnehmer.
Im Dreißigjährigen Krieg, nämlich im Oktober 1641, verbrannten und zerstörten Truppen der kaiserlichen Armee unter Führung des Generals Piccolomini den Ort. Der Wiederaufbau der Kirche zog sich bis 1657 hin. Die 1659 neu gegossene Glocke, welche heute noch im Turm hängt und die Avendshäuser zum Gottesdienst ruft, gibt darüber Auskunft, dass auch Rengershausen zur Pfarre gehört. Kirchenbücher gibt es seit 1674. Im Februar 1758 beschädigt ein Sturm die Kirche derart, das sich der Pfarrer nicht traute darin Gottesdienst zu halten.
1756 war der Siebenjährige Krieg ausgebrochen, Krieg zwischen England und Frankreich, gleichzeitig auch der schlesische Krieg bis 1763. Avendshausen hatte auch in diesen Jahren sehr zu leiden. Neben dem Sturmschaden im Februar an der Kirche kam es am 9. Sept. 1758 zu einer Plünderung, bei der ein franz. Corps 124 Reichsthaler und Silberwaren raubte. Im Herbst 1761 schrieb der damalige Avendshäuser Pastor Eibesdorf in das Kirchenbuch: "Im Herbst 1761, als das französische Lager bey hiesigen Dorf 13 Wochen gestanden, ist derzeitigem Prediger nebst anderen des Dorfes Einwohner von allen Lebensmitteln gäntzlich ausfouragieret, und ein Schade allein auf 1776 Thaler gekommen."
Der Neuaufbau der Kirche wurde im November 1765 gerichtet, war 1770 vollendet und hat 896 Thaler und 27 Groschen gekostet.
1779 wurde bei einer Visitation festgestellt das auch das Pfarrhaus in sehr schlechtem Zustand sei. Das 1788, für für 600 Thaler, neu erbaute Pfarrhaus im Fachwerkstil gehörte zu den schönsten im ganzen Kirchenkreis. Es ist 1972 verkauft worden. Mit dem Erlös ließ die Gemeinde das Gotteshaus renovieren und einen Gemeinderaum einbauen.
Lange Zeit war Avendshausen auch schulischer Mittelpunkt, indem die hiesige Schule zugleich auch von den Kindern aus Rengershausen und Vardeilsen besucht wurde. Wahrscheinlich hat nach der Reformation bereits eine Katachismuslehre stattgefunden. 1645 ist in den Kirchenrechnungen ein "Schulmeister im Opperhause" erwähnt, im Jahre 1689 dann ein Schulmeister Johann Arnd Heveker. 1734 ist ein eigenes Schulgebäude erbaut worden. Im Jahre 1805, so berichtete der Pastor Carl von Einem, "gehen gewöhnlich 80 Kinder in die Avendshäuser Schule".
Da die Schule schnell schadhaft wurde, mußte ab 1871 das Rath‘sche Leibzuchtshaus angemietet werden. 1896 wurde dann für 13300 Mark eine neue Schule erbaut. In dieser Zeit besuchten im Durchschnitt 52 Kinder die Dorfschule. Während sich Vardeilsen schulisch 1811 selbstständig machte, blieben die Rengershäuser Kinder bis zum Verkauf derselben, im Jahre 1965, in Avendshausen.
Als das 20. Jahrh. begann, und die Zeiten versprachen besser zu werden, brach der 1. Weltkrieg herein. 42 junge Männer mußten in den Jahren 1914 – 1918 für den Kaiser in‘s Feld ziehen. Viele kehrten nicht zurück. Im Dorf waren damals 2 russische und 3 englische Kriegsgefangene untergebracht, die hier in der Landwirtschaft ihre Zwangsarbeit verrichten mussten.
Die Jahre 1939 – 1945 brachten noch größeres Leid. 33 Avendshäuser Männer wurden eingezogen, um für das Dritte Reich ihre Jugend, ihre Gesundheit und das Leben zu opfern. 22 Männer kehrten in das heimatliche Dorf zurück. Das 1922 eingeweihte Ehrenmal trägt 25 Namen von gefallenen und vermissten aus beiden Weltkriegen. Die Bevölkerung war 1939 bis1946 von 118 auf 287 Personen angestiegen.
Im Jahre 1896 gründete sich im Ort ein Gesangverein, der heute leider nicht mehr besteht, deren Fahne aber noch vorhanden ist. Die Freiwillige Feuerwehr wurde 1905 gegründet. Einen Junggesellenclub hat es im Jahre 1919 gegeben, in dem auch Mitglieder aus Rengershausen waren. Der Radfahrerverein "Fahr Wohl" war schon im Mai 1920 mit einem Radfahrerfest aktiv. Die offizielle Gründung fand mit einem weiteren Fest am 3.10.1926 statt. Der sehr aktive Schießsportclubs konnte 2015 auf ein 40-jähriges Bestehen zurückblicken.
Nachweise über ein geordnetes Feuerlöschwesen gibt es seit 1784. Jede der 25 Feuerstellen hatte vorschriftsmäßig einen ledernen Löscheimer. Eine Handdruckspritze wurde 1902 gekauft und dazu 1905 ein Spritzenhaus gebaut. Einen Feuerteich hat es schon um 1870 gegeben. 1960 wurde eine Motorspritze angeschafft und 1979 erhielt die Wehr ein neues TSF. Ein neues Gerätehaus wurde 1981 der Öffentlichkeit übergeben.
Mit dem Anschluss an den Wasserbeschaffungsverband 1955 und dem Ausbau der Hauptstraße im Ort mit einer Teerdecke, im Jahre 1957, zog in Avendshausen die Moderne ein. 1971 wurde auf dem seit 1850 bestehenden Friedhof, oberhalb des Dorfes, eine Kapelle errichtet und eingeweiht.
Die Landwirtschaft, die von Alters her den Dorfbewohnern Nahrung und Kleidung gab, bietet heute nur noch 2 Familien den Lebensunterhalt. Die große Mehrheit verdient ihr Geld in der Industrie, im Handel und im Gewerbe in der nahe gelegenen ehemaligen Kreisstadt Einbeck.
Seit 1998 reinigen die Bürger, zusammengeschlossen in der Abwassergemeinschaft Avendshausen, ihre Abwässer biologisch und kostengünstig in Pflanzenkläranlagen, erfolgreich zur Zufriedenheit der Wasserbehörde.
Avendshausen war schon immer ein ruhiger Ort, ohne hektische Betriebsamkeit und geringem Wachstum. Dieses bestätigt die Anzahl der Häuser und Einwohner. Nach der Kopfsteuerbeschreibung des Jahres 1689 waren es 117 Einwohner und 24 Häuser. 1767, bei der Einführung des Brandkatasters, sind 29 Häuser aufgenommen worden. Heute, im Jahre 2018, stehen 36 Häuser im Ort und die Bevölkerung zählt 130 Personen.
Am 1. März 1974, bei der Einführung der Gebiets- und Verwaltungsreform, verlor Avendshausen seine Selbstständigkeit und wurde der Stadt Einbeck eingegliedert. Kommunalpolitisch sind die Bürger im gemeinsamen Ortsrat mit Vardeilsen vertreten.
im Juli 2018
Walter Hahn, (Ortsheimatpfleger)